5. Januar 2003, Kopenhagen
Manchmal ist die Decke der Zivilisation dünn - genauer 10 cm dünn. Die haben es nämlich geschafft, den Flughafen lahmzulegen. Und da steh ich also um 2 Uhr früh in der, das gesamte Flughafengebäude kleeblattförmig durchziehenden Schlange. Das kann ja noch ein paar Stunden bis zu meinem persönlichen Taxi dauern. Eigentlich sollte ich im Flieger nach Schwechat sitzen und jetzt freu ich mich schon wieder doch darauf, noch einen Abend mit meiner Freundin verbringen zu können. Schnee... Meine Gedankengänge verästeln sich einem Eiskristall gleich:
Am Nachmittag trauerte ich noch Abschied mit Mette. Im Kreutzberg. Man servierte Sandwiches mit gaaanz viel Grün drin, Illy-Caffè. Schön der Schnee draußen! So romantisch. Das Lokal gibt einem das Gefühl sich - komisches Wort - behaglich zu fühlen. Im Widerschein des Kachelofens haben es auch die an der Wand in Unfarben posierenden Nackten leicht, nackt zu bleiben. Mein erster Schnee diesen Winter, dort wo man ihn nicht erwartet und leicht belustigt zusieht, wie das draußen abgestellte Rad darin leicht versinkt. Auf Österreichs Bergen gibts währenddessen Sahara-Sand.
Während meine Gedanken so treiben wie Schneeflocken, will ich sie fixieren, doch dabei scheinen sie nicht zu Boden zu fallen, sondern aufwärts zu steigen. Plötzlich bin ich an der Reihe, bei einem türkischen Taxifahrer.
"Copenhagen no good in winter!" sagt er während er nachlässig eine rote Ampel auf dem ungeräumten Flughafen-Zubringer Richtung Stadt überfährt. "But really good in summer!". Whatever... Als wir bei Mette ankommen, geht Licht im 4. Stock an. Wenn der Schnee am Vormittag schmilzt wird uns eine Woge der Melancholie und hastig gegebener Versprechen wieder ins Kreutzberg spülen, während am größten skandinavischen Flughafen die Gepäckträger Schneeballschlachten machen, werden wir all die Momente vorbeiziehen lassen, die es so gab.
Ist doch nett, wenn die Flocken noch im Fallen tanzen! Walter
Flughafen Castrup Kopenhagen
Kreutzberg Café & Bar
Kompagniestraede 14 a
Kopenhagen