letzte Kommentare | |
01
Juli
Llangollen International
1.7.2001, Llangollen Eigentlich sollte jetzt der Sommer beginnen, der richtige Sommer. In mir hat er sich schon seit Mitte Juni eingestellt, allein mein Terminplan sagt, es ist noch nicht so weit. Nein, jetzt steht noch eine Reise am Programm, und zwar nach Wales. In einen unaussprechlichen Ort namens "Llangollen". Das erste,was dir die Leute hier beibringen wollen, ist, wie du richtig "Llangollen" ausspricht. Walisisch ist unverstaendlich, total schraeg, keltischen Ursprungs. "Llangollen" muss wie ein Sprachfehler ausgesprochen werden, ungefaehr "Chlaengohchlaen"- also unmoeglich. Aber frueher lassen sie mich von hier nicht weg- ich uebe das also den ganzen Tag, die anderen jungen Musiker, die auch da sind, sprechen es mir vor, ich radebreche es irgendwie nach. Hi, wie heisst du? Godlich? Goffrey? Bald glaube ich, mein Name ist auch walisisch, so viele Probleme haben die Auslaender damit. Von wo bist du? Welches Instrument spielst du? Es handelt sich hier um einen Musikerwettstreit, einer von meinen so innig heissgeliebten Wettbewerben. Hier sind aber alle moeglichen Instrumente vertreten, Violine, Tuba, Schlagzeug, Harfe und irgendwo der kleine Gottlieb auch noch am Klavier. Wir werden alle gegeneinander spielen, und einer wird am Ende gewinnen. Nun ja, da kommt einem doch das mit den Aepfeln und Birnen in den Sinn...wie soll man das vergleichen? Keine Ahnung. Warum bin ich hier, was hat mich veranlasst gegen all diese Leute anzutreten? Wie soll mich jemand mit einem Saxophonisten vergleichen koennen? Morgen abend also geht das hier ueber die Buehne, wir sind 18 Leute, jeder hat 15 Minuten zu spielen, was er will. 5 werden weiterkommen und sich am Freitag wieder matchen. Es ist so, als ob Michael Schumacher gegen Zinedine Zidane und Goran Ivanisevic antritt, ist ja eh alles Sport... Die Maul-und Klauenseuche hat das Land hier arg befallen, meine Gastfamilie besteht aus zwei Tieraerzten. In aller Drastik schildert er mir, wie sich die Krankheit auessert, ekelhaft und schmerzvoll, raucht indes weiter seine Benson&Hedges und erklaert mir, ich solle doch mit dem doofen Rauchen aufhoeren. Zum Zwecke der Solidarisierung mit den Bauern und als kleine Geste fand am Abend ein Benefizkonzert statt, in einem riesigen Zelt, soundverstaerkt, mit verschiedenen Kuenstlern, Saengern, Choeren und Instrumentalisten. Unter ihnen: Julian Lloyd Webber, der kleine Bruder (50) von Andrew, dem Musical-Kroesus. Julian ist Cellist und seit Jacqueline du Pre der groesste Cellist, den dieses Land hervorgebracht hat, sagt der Moderator. Er erscheint im weissen Hemd, sagt ein paar Worte und nimmt Platz um zu spielen. Sein Ton ist so schrecklich duenn und heiser, sein Gesichtsausdruck so schrecklich sentimental und aufgesetzt. Alles wirkt so unglaublich kuenstlich und unpassend, sobald es etwas schwerer wird, senkt er den Kopf ganz nah an das Cello herab, so als wolle er den Fingern einzeln sagen, wohin sie jetzt rutschen sollen. Ja, rutschen, das tun sie, sein Gequietsche loest bei mir und meinen Begleitern ein spontanes haemisches Grinsen hervor. Er spielt "Best of..." Bach , und natuerlich... "den Schwan". Applaus - duerftiger Applaus! - und dahin schwebt "einer der groessten internationalen Musiker". Ich verlasse den Pavilion, rauche eine Zigarette um den Geschmack des " Abendessens" (Fish and Chips) endlich aus dem Mund zu bekommen und mache mich auf den Weg nach Hause. Gottlieb
Llangollen International Musical Eisteddfod Royal International Pavilion, Abbey Road, Llangollen. LL20 8SW Spinnaker Fish´n Chips 26 Castle St Llangollen, LL20 8RU, United Kingdom +44 1978 860462
|